Benchmarking am Antriebsstrang – Der Wissensvorsprung für Ihre Entwicklung
Benchmarking ist heute ein übliches Instrument in der Industrie, mit dem über den eigenen Tellerrand hinausgeschaut wird. Es geht darum, Technologien, Designs oder Abläufe der Marktwettbewerber früh zu erkennen, besser zu verstehen und das gewonnene Wissen in die eigene Entwicklung einzubringen. Diese Möglichkeit spielt auch in der Automobilindustrie eine Rolle, gerade für die Antriebe und Getriebe in den zahlreichen Hybrid- und E-Varianten. Durch Antriebsstrang-Benchmarking lernt die Automobilindustrie und macht die eigene Entwicklung schneller,
präziser und innovativer.
ATESTEO hat als Spezialist für Drivetrain Testing die Expertise und die Technologie im Unternehmen und bietet schon lange das Benchmarking am Antriebsstrang an. Durch die Dynamik der Märkte ist dieses Thema hochaktuell. Die ATESTEO Blog Redaktion sprach über die Bedeutung von Antriebsstrang-Benchmarking mit Herrn Peng He, dem Leiter des Bereichs Testing Related Engineering in Alsdorf.
ATESTEO Blog: Können Sie uns kurz erklären, was das Besondere am Antriebsstrang-Benchmarking bei ATESTEO ist und worum es im Wesentlichen geht?
Peng He: Der Begriff Benchmarking ist sehr allgemein. Unser Benchmarking bezieht sich auf den Antriebsstrang. Beim Benchmarking untersuchen wir für unsere Auftraggeber den Antriebsstrang von konventionellen Verbrennungsfahrzeugen bis zum batteriebetriebenen E-Fahrzeug hinsichtlich Driveability, Performance, Efficiency und Economy. Die gewonnenen Erkenntnisse geben unseren Auftraggebern ein neutrales Bild, mit dem sie bewerten können, wo sie mit ihrer Entwicklung im Markt- bzw. Technologievergleich stehen.
ATESTEO Blog: Was haben Automobilhersteller und Getriebeentwickler ganz konkret davon, ein Antriebsstrang-Benchmarking zu machen? Und welchen Vorteil haben sie, wenn sie das bei ATESTEO durchführen lassen?
Peng He: Es gibt zwei zentrale Gründe, warum Hersteller eigene Fahrzeuge und die der Konkurrenz benchmarken.
Erstens geht es um den Vergleich. Es ist heute wichtiger denn je, die eigene Entwicklung mit der des Wettbewerbes in Punkten wie Leistung, Fahrbarkeit, Schaltbarkeit, Verbrauch, Wirkungsgrad und so weiter zu vergleichen. Denn schon kleine Finessen können große Wirkung entfalten. Zweitens geht es um die Motivation, die Vorteile des Konkurrenzfahrzeugs kennenzulernen. Wenn wir über Hybridfahrzeuge reden: Welche Antriebsstrategie nutzt der Wettbewerb im Hybridantriebsstrang? Das Konzept ist wichtig, die Technologie entwickelt sich schnell weiter. In einigen Fällen konnten wir bereits neue Technologien entdecken, während das Projekt des Kunden noch lief.
ATESTEO Blog: Können Sie uns ein Beispiel geben?
Peng He: Wir haben einmal ein CVT(?)-Getriebe untersucht. Dabei haben wir ein neues Konzept für eine mechanische Ölpumpe gesehen, die mit hydraulischem Druck das Getriebe antreibt. Das war eine neuartige Flügelzellenpumpe, die den Wirkungsgrad erheblich verbessert hat. Dieses Produkt hat sich später im Markt durchgesetzt.
ATESTEO Blog: Mit welchem Motiv kommen die Auftraggeber häufiger zu Ihnen: Weil sie den eigenen Antrieb mit der Konkurrenz vergleichen wollen oder weil sie mehr über neue Technologien erfahren wollen?
Peng He: Die Technologie ist in der Regel nur ein Nebeneffekt. Einfach aus dem Grund, weil wir erst während eines Benchmarkings sehen, welche neue Technologie im Antriebsstrang des Wettbewerbs steckt. Normalerweise geht es unseren Kunden um den Vergleich mit einem Konkurrenzprodukt. Der Kunde macht die entsprechenden Vorgaben für durchzuführende Test und wir legen die benötigten Signale und Messtechniken fest. Das Ziel der Auftraggeber ist normalerweise, die eigene Neuentwicklung zu verbessern oder die Erkenntnisse als Designtarget zu nutzen oder in der nächsten Generation die Leistungen der Konkurrenz zu überholen.
ATESTEO Blog: Wir haben uns im Markt umgesehen und nach Wettbewerbern im Bereich Antriebsstrang-Benchmarking gesucht. Wir sind nur auf wenige Namen gestoßen. ATESTEO scheint ein Spezialist auf diesem Gebiet zu sein.
Stimmt das? Was sind Ihre USPs?
Peng He: Es gibt nicht viel Wettbewerb in diesem Segment. Und wenn, sind die Geschäftsmodelle verschieden. Mir scheint es so, als hätte unsere Konkurrenz Datenbanken, in denen sie alle Fahrzeuge grob vergleichen und bewerten. Diese gespeicherten Daten kann man gut an Kunden verkaufen.
Unser Geschäftsmodell ist anders. Wir bringen unsere Kompetenz und unsere Erfahrung aus vergangenen Projekten ein und können verschiedene Antriebsstränge prüfen, MT, AT, DCT, CVT mit Verbrennungsmotoren, aber auch elektrifizierte Antriebsstränge wie HEV, PHEV and BEV..
ATESTEO Blog: Was macht nun das Leistungsangebot von ATESTEO so besonders?
Peng He: Der Vorteil eines Antriebsstrang-Benchmarking mit ATESTEO liegt ganz klar in der sehr kundenindividuellen Messung mit dem Gesamtpaket. Gemeinsam mit dem Kunden erstellen wir die Test-Spezifikation, in die wir unsere Erfahrung einbringen. So entsteht für jedes Antriebsstrang-Benchmarking ein individuelles Gesamtpaket. Einer möchte nur den Verbrauch testen. Ein anderer möchte das Getriebe auch auf den Prüfstand stellen, um Einflussfaktoren wie Temperatur zu erkennen. Unter stabilen Rahmenbedingungen im Prüfstand sind die Messungen für den Drehmoment sehr, sehr genau. Heißt, wir können für den Auftraggeber Fahrzeugtests mit Prüfstandtests kombinieren. Dazu nutzen wir unsere Inhouse-Messtechnik, die eine sehr hohe Genauigkeit für den Getriebeeingang und Getriebeausgang bietet. Für die elektrische Leistung nutzen wir die Yokogava Messgeräte, weil sie die aus unserer Sicht beste Abtastrate der Spannungs- und Stromsignale hat. Die eigene Messtechnik und die gute Infrastruktur von ATESTEO können ein Projekt verkürzen und ist Garant für eine qualitativ hohe Durchführung.
ATESTEO Blog: Können sie beschreiben, wie ein Benchmarking-Projekt bei ATESTEO abläuft? Was getestet und untersucht wird? Das ist sicher sehr komplex und Kunden interessiert bestimmt, was sie in der Zusammenarbeit erwartet und wie lange es dauert.
Peng He: Also, für gewöhnlich läuft das so: Wir bekommen eine Anfrage von einem Kunden. Teilweise ist die Testspezifikation schon genau festgelegt. Kunden, die schon häufiger Test gemacht haben, geben uns eine Messmatrix und sagen uns, welche Messungen durchzuführen sind. Dann sind die Spezifikationen schnell erstellt. Teilweise brauchen Kunden Unterstützung, weil sie nicht genau wissen, was bei der Konkurrenz zu messen ist. In diesen Fällen erstellen wir gemeinsam die Testspezifikation. Letztlich sind die Spezifikationen auch immer abhängig vom Target-Fahrzeug und dem genutzten Antrieb. Das dauert im Durchschnitt zwei bis drei Monate.
Erst wenn alle technischen Aspekte festgelegt sind, können wir das zu untersuchende Fahrzeug beschaffen. ATESTEO kann weltweit alle Serienfahrzeuge und Ersatzteile organisieren. Das dauert natürlich manchmal ein bisschen, ist aber zeitlich überschaubar.
Im nächsten Schritt wird eine Machbarkeitsstudie entwickelt. Der Kunde hat definiert, welche Signale es zu messen gilt. Um diese Signale zu erfassen, benötigen wir spezielle Messtechnik. Um diese Messtechnik im Antriebsstrang zu platzieren, müssen wir die Machbarkeit prüfen, in dem wir den Antriebsstrang zerlegen. Wir müssen entscheiden, wo und wie wir die Messtechnik in den Antriebsstrang bauen, denn nach dem Einbau der Messtechnik muss das Fahrzeug normal laufen. Wir dürfen keine äußere Beeinflussung zulassen. Nur so gewinnen wir für den Kunden ordentliche Daten.
ATESTEO Blog: Das klingt nach sehr viel Detailplanung im Vorfeld des Antriebsstrang-Benchmarking. Wie geht es dann weiter?
Peng He: Ja, so ist es! Nach der Machbarkeitsstudie statten wir das Auto mit allen Messgeräten und der Stromversorgung aus. Wir haben viel Inhouse-Messtechnik, aber wir nutzen teils auch gekaufte Sensoren. Wir setzen auf beides. Meistens kommen die Messgeräte in den Kofferraum. Dieser Schritt heißt „Fahrzeugausrüstung mit Messgeräten“.
Nach der Ausrüstung beginnen wir mit dem Messen auf der öffentlichen Straße, auf unserer Teststrecke oder auf unserem Rollenprüfstand. Unsere Auftraggeber können übrigens auch nach jedem Test den Antriebsstrang ausbauen lassen und an unseren Prüfstand anschließen, um noch genauere Wirkungsgrade zu erfahren. So bekommen sie zusätzliche Ergebnisse.
Nach der Prüfstandphase sind die Messungen durch. Im nächsten Schritt bauen wir die Messtechnik wieder aus dem Fahrzeug aus und schreiben einen Bericht mit den Messdaten für den Kunden. Wir können im Nachgang auch getestete Bauteile des Testautos an den Kunden schicken. So hat er eine Möglichkeit die Teile selbst nochmal zu analysieren.
ATESTEO Blog: Bekommt der Kunden nur einen Ergebnisband? Oder werten Sie die Daten auch aus und interpretieren die Ergebnisse?
Peng He: Natürliche werten wir die Daten mit unserer Erfahrung auch aus. Für Motor-Mapping und Getriebe-Mapping haben wir standardisierte Auswertungen, die Kunden mit den eigenen Auswertungen vergleichen können.
Aber grundsätzlich ist die Auswertung immer abhängig vom Kunden und den Testspezifikationen. Manche möchten den Wirkungsgrad messen, andere lieber den realen Verbrauch im Zyklus. Generell bieten wir dem Kunden Folgendes an: Drehzahl, Drehmoment über Gaspedal, Getriebesignal, E-Motorwirkungsgrad, Motorsignal, Hybridantrieb, Fahrverhalten auf der Straße und spezieller auch Fahrverhalten auf dem Prüfstand. (Anmerkung: kann man auch sonst nochmal optisch hervorheben, falls es gehighlighted werden soll).
ATESTEO Blog: Vom Ergebnis kommend bleibt nun die Frage: Ist das der Standard, der von der Mehrzahl der Kunden angefragt wird?
Peng He: Ja, man kann sagen, dass das der Standard-Testlablauf ist und zu den oben genannten Ergebnissen führt. Viele unserer Kunden setzen das auch selbst im eigenen Haus um. Welche Ergebnisse wir genau gewinnen, hängt natürlich davon ab, welchen Typ Antriebsstrang wir testen. Wenn es E-Antriebsstränge sind, benötigen wir die Yokogava Messsystem, mit der wir den Strom und die Spannungen messen können. Bei Verbrennungsmotoren messen wir mit hauseigenen Drehmomentsensoren. Alles ist immer individuell an die Testspezifikationen des Kunden angepasst.
Der Kunde bekommt am Ende also einen kompletten Report, unsere vollständige Auswertung und die Rohdaten der Messungen. Wenn der Kunde möchte, geben wir auch Bewertungen zum Konkurrenzfahrzeug im Vergleich zum eigenen Fahrzeug ab, beispielsweise zu Effizienz, Verbrauch oder Wirkungsgrad.
ATESTEO Blog: Heißt das, Sie sagen am Ende welches Auto besser ist?
Peng He: Ja und nein, das kommt auf die Aspekte an. Wir erstellen eine Tabelle mit z.B. zehn untersuchten Performances wie Fahrdynamik, Beschleunigung, Fahrbarkeit, Geräusch, Wirkungsgrad… In einer Matrix wird ein quantitativer sowie qualitativer Vergleich angestellt. Unsere Aussagen sind dabei immer neutral! Denn Sie wissen, wie das sein kann: Die Motorabteilung des Kunden sagt, es liegt am Getriebe, und die Getriebeleute sagen, es ist der Motor. Wir sind in der Rolle des unabhängigen Dienstleisters, der beauftragt wird neutrale Ergebnisse zu liefern. Unsere Auswertung muss deshalb sehr objektiv sein, damit sie in kundeninternen Diskussionen hilfreich und sinnvoll ist.
ATESTEO Blog: Raten Sie jedem Automobil- oder Getriebehersteller ein Antriebsstrang-Benchmarking durchzuführen? Aus Ihrer Sicht sagen Sie jetzt natürlich ja, aber unsere Frage jetzt eher: Bei welchen Projekten ist Benchmarking wirklich unverzichtbar?
Peng He: Bei neuen Technologien ist das Benchmarking unverzichtbar. Gerade vor dem Hintergrund der Ziele zur CO2 Reduzierung, muss modernste Technik übers Benchmarking analysiert werden, um spätere Strafen zu vermeiden. Hier würde ich jedem Automobilhersteller zu einem Benchmarking raten. Gerade wenn wir über Elektrofahrzeuge reden, ist Tesla der Branchen-Benchmark. Jeder will die Stärken und Vorteile von Tesla quantitativ auswerten. Warum kann Tesla eine so große E-Reichweite erreichen? E-Reichweite bedeutet, dass das Model mit voller Batterie 500 km fahren kann. Da gilt es herauszufinden: Liegt es an dem Wirkungsgrad vom Powertrain? An der Batterie? Oder an anderen Faktoren? Ich will sagen, dass ein Testing-Projekt für Elektro-Antriebsstränge einfach viel Nutzen bringt. Bei konventionellen Antriebssträngen existiert schon viel Erfahrung. Elektro ist aber für alle ein neues Thema, jeder möchte seinen eigenen Antriebsstrang in Bezug auf den Verbrauch verbessern.
ATESTEO Blog: Da Sie jetzt schon Tesla angesprochen haben: Kommt es vor, dass auch Marktführer bei Ihnen testen lassen, um zu erfahren wie weit ihr Entwicklungsvorsprung ist?
Peng He: Ja, solche Fälle gibt es. Wir haben schon Projekte für Kunden gemacht, die eigentlich ein sehr gutes Fahrzeug hatten. Aber gerade sie schätzen das Benchmarking sehr und möchten regelmäßig einen Marktüberblick haben: Wie gut ist das eigene Produkt im Vergleich zur Konkurrenz? Was bieten die anderen überhaupt an? Aber das heißt nicht, dass ein Konkurrenzprodukt gleich besser ist und der eigene Antrieb verändert werden muss. Das ist vielmehr so eine Kultur des Getriebeherstellers – wenn es wichtig ist, werden solche Projekte regelmäßig gemacht. Man merkt da Unterschiede in den Firmenkulturen.
ATESTEO Blog: Wie wird sich der Bereich Antriebsstrang-Benchmarking in Ihrem Bereich des Testing Related Engineering in den kommenden Jahren entwickeln? Können Sie das einschätzen?
Peng He: Wir vermuten, dass in Zukunft das Thema E-Mobilität immer noch mehr zum Zuge kommt. E-Mobilität bedeutet aber auch eine weite Spanne: Von Antriebsträngen mit 48 Volt bis hin zu welchen mit 800 Volt. Und E-Mobilität bedeutet nicht nur rein elektrisch. Unsere zukünftige Strategie beim Antriebsstrang-Benchmarking richtet sich klar in Richtung E-Mobilität. Wir haben schon Plugin-Hybridfahrzeuge erfolgreich getestet und wertvolle Informationen gesammelt. Wir sind heute in der Lage Hybridfahrzeuge und E-Fahrzeuge mit sehr guter Messgenauigkeit zu analysieren. Das wollen wir noch mehr anbieten. Das ist die Zukunft der Automobilindustrie.
ATESTEO Blog: Herzlichen Dank, dass Sie uns in diesem Gespräch einen so tiefen Einblick die die Möglichkeiten und Abläufe des Antriebsstrang-Benchmarking gegeben haben. Das ist ein wirklich weitreichendes und spannendes Thema …